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Sonntag, 28. Februar 2010

Halbzeitbericht

Ich kann es irgendwie noch nicht wirklich glauben, aber dieses Wochenende ist ziemlich genau Halbzeit für mich hier in Bolivien. Das nehme ich mal zum Anlass einen Rückblick zu schreiben.

Am Anfang war ich noch neu und unerfahren, habe mich gefreut nur 80 Cent für einen mittelmässigen Saft zu bezahlen. Heute bin ich etwas besser informiert und bezahle nur noch 30 Cent für anderthalb gute Säfte. Mittlerweile gehe ich auch nicht mehr nur noch in die Gringo-Kneipen, sondern bewege mich auch mal abseits dieser. Ich habe mich also etwas eingelebt hier.
Ausserdem habe ich schon eine Menge erlebt während des Jahres. Also nicht nur der Peru-Urlaub, sondern auch hier in Bolivien war eine Menge los. Karneval, die Dorf-Fiesta und viel Spass mit den anderen Freiwilligen. Dies alles beachtend ging die erste Hälfte sehr schnell rum. Ich war drei Wochen auf dem Dorf, hatte dann Sprachkurs für drei Wochen. Danach gings nochmal kurz aufs Dorf, dann war schon Weihnachten und der Urlaub begann. Und nach dem Urlaub ging es nach Cajamarca, allerdings habe ich nicht das Gefühl, dass ich dort schon sonderlich lange eingesetzt bin, sondern eher erst viel zu kurz. Zum Glück habe ich noch 5 Monate dort. Das könnte reichen. Ich glaube auch nicht, dass es mir dort langweilig wird, denn es gibt noch so viel zu tun und wir haben so viele Ideen, was man verbessern könnte, dass ich mir noch nicht sicher bin, ob die fünf Monate reichen.

Und jetzt noch die offizielle Bekanntgabe meines Rückfluges:
Abflug Santa Cruz: 12.08.2010 Uhr 8:00 Uhr
Ankunft Frankfurt am Main: 13.08.2010 um 14:35 Uhr

Cajamarca

So, mal wieder ein paar Nachrichten zu meiner Arbeit. Seit Einem Monat arbeite ich in Cajamarca. Ich war ja schonmal zu Besuch dort und fand es richtig toll, aber wenn man dort lebt, dann ist es nochmal ganz anders. Viel besser. Vom Leben her ist es wie ein etwas luxuriöserer Campingurlaub. Also ziemlich genau mein Geschmack. Wir leben in einer Holzhütte, deren Dach aus einer durchsichtigen Plane besteht. Durch diese können wir nachst den tollen Sternenhimmel sehen und wenn es regnet, was es leider zur Zeit des öfteren tut, hat man ein tolles Konzert. Die Wände sind nicht optimal dicht, sodass ich immer einen angenehm kühlen Lufthauch im Gesicht habe, wenn ich im Bett liege. Wir leben zu dritt in Cajamarca, drei Jungs. Weil sich bei drei Leuten eine Köchin noch nicht lohnt, bekochen wir uns selbst. Und durch die Essenspauschale, die uns zur Verfügung steht, können wir das sogar noch ziemlich lecker tun. Fleisch gibt es nicht, da wir keine Kühlmöglichkeiten besitzen und frische Sachen auch nur begrenzt, aber es reicht um gut und lecker leben zu können. Am besten ist das Frühstück. Wir haben ein Sofa, das direkt an einer grossen Tür und sehen so jeden Morgen die aufgehende Sonne. Sehr schön. Ausserdem haben wir als allererstes Projekt einen Tischh gebaut, der genau vor das Sofa passt. Jetzt ist es wirklich ein tolles Frühstück. Meist gibt es Müsli, manchmal aber auch Rührei. Und wenn wir Glück haben und das Versorgungsauto da war, dann kann es sogar mal Rührei mit Speck geben.
Vormittags gehen zwei von uns zur Schule. Dafür muss man ca. 45 Minuten durch den Wald laufen. Ein wirklich sehr schöner Weg. Man läuft an Pinien vorbei, über Hügel und durchquert ein Tal mit einem Bach. Alleine dafür lohnt sich der Weg zur Schule schon. Dort unterrichten wir dann englisch, Computer oder gehen mit den Kindern in die Werkstatt. Leider gibt es an der Schule nur einen Computer, sodass es wirklich schwierig ist, einen guten Unterricht zu machen. Meistens haben jeweils zwei Schüler zusammen etwa 5 Minuten am Computer. Das reicht nicht für viel. Nach der Schule gibt es dann noch ein Mittagessen gemeinsam mit den Kindern, danach machen wir uns auf den Heimweg. Dieser ist leider etwas anstrengender, denn es ist wärmer und geht bergauf. Trotzdem schön.
Nachmittags arbeiten wir dann, nach einer angemessenen Mittagspause, im Hostel. Es gibt immer wieder Kleinigkeiten, aber auch grössere Projekte. Nachdem wir jetzt den Tisch fürs Frühstück fertig haben, wollen wir eine neue Küche bauen. Wir haben schon das Holz dafür besorgt. Das wird bestimmt auch ein schönes Projekt.
Abseits der Arbeit bleibt aber immernoch genug Zeit um Gitarre zu spielen, sich mit den beiden anderen Zivis zu unterhalten und zu lesen. Also genau die richtige Mischung und ich fühle mich sehr wohl dort. Das ist auch der Grund, warum ich den Rest der Zeit hier in Bolivien in Cajamarca verbringen werde. Momentan besagt der Einsatzplan zwar noch, dass ich ab Juni alleine dort sei, was auf Dauer dann doch zu einsam wäre, aber schon einige meiner Mitzivis haben Interesse bekundet, dort etwas Zeit verbringen zu wollen. Ich bin mal gespannt.

Wie es für Anwesen in Abgeschiedenheit üblich ist, haben wir auch einen Wachhund. Dieser Name ist im Bezug auf ihn etwas zweischneidig. Einerseits passt er nicht bis garnicht, da er den ganzen Tag nur auf unserem Sofa liegt und schläft. Andererseits verdient er diesen Namen aber auch, da er nachts, sobald wir uns zu Bett begeben, anfängt alles mögliche in Umgebung anzubellen und uns damit wach hält. Aber so ist es halt....

Wir sind am Wochenende sehr oft in Sucre, da wir für uns selbst einkaufen müssen und es nicht immer etwas zu tun gibt. Besonders wenn es regnet ist frei haben in Cajamarca auf Dauer anstrengend, da man wirklich nicht viel machen kann. Aber ich habe Hoffnungen im Bezug auf die Zeit nach der Regenzeit.

Montag, 15. Februar 2010

Karneval

Südamerika ist ja ziemlich bekannt für seinen Karneval, besonders in Rio de Janeiro. Allerdings wird auch ausserhalb Rios gefeiert, eigentlich so ziemlich überall. Das grösste Fest Boliviens steigt in Oruro, einer Stadt die meines Wissens sonst nicht so viel zu bieten hat. Aber dieses Wochenende waren 50.000 Tänzer und Unmengen von Zuschauern da. Einer davon war ich.

Wir sind Freitagabend in Sucre in den Bus gestiegen und kamen am Samstag um 5 Uhr morgens an. Wir haben unser Gepäck abgegeben, gefrühstückt und uns fertig gemacht zum Aufbruch. Wir hatten Sitzplätze auf einer der vielen Tribünen am Rande des Weges der Parade gekauft, wohin wir uns begaben. Schon morgens war alles voller Menschen und auch die Schnapsleichen als Begleiterscheinungen grosser Feste, waren noch da.
Wie es in Bolivien (und wohl auch weiten Teilen Südamerikas) üblich ist, war das ganze sehr feucht. Besonders wir Gringos sind beliebte Ziele für die Angriffe der anderen. Man hat Wasserpistolen und vor allem -bomben und einen speziellen Schaum aus Sprühdosen. Dieser Schaum ist ungiftig, reizt weder Haut noch Augen und löst sich nach ein paar Minuten von selbst quasi rückstandslos auf. Die Dose ist vergleichsweise teuer, sie kostet 10 Bolivianos (etwa einen Euro), wofür man auch etwa 60 bis 70 fertige Wasserbomben bekommt. Trotzdem hat fast jeder eine solche Dose und besprüht damit nach Lust und Laune die ihn Umgebenden. Wasserbomben werden auch reichlich verbraucht, ich habe noch nie einen grösseren Einsatz erlebt. Viele verwenden sie auf kurze Distanz, zerdrücken sie im Nacken oder werfen auf wenige Meter. Letzteres ist meist sehr schmerzhaft. Meistens werden Wasserbomben aber ganz konventionell geworfen. Auf den Tribünen gibt es richtige Schlachten, da sie zu beiden Seiten der Parade aufgebaut sind. Man bewirft die gegenüberliegende Seite und macht eigentlich so ziemlich alles und jeden nass. Leider geht es nicht immer allen nur ums nass machen, manchmal geht es auch darum den anderen zu treffen. Zu diesem Zwecke wird flach auf Kopfhöhe und sehr fest geworfen. Am Rücken sind diese Treffer schmerzhaft, am Kopf, besonders als Brillenträger, einfach nur unerträglich. Aber das gehört wohl zum Karneval dazu. Auch der Schaum kann unangenehm sein, wenn man ihn ins Gesicht bekommt. Wenn man von einem Moment zum anderen nichts mehr sieht oder hört, ist doch ziemlich erschreckend. Ausserdem wird man von all dem Spass sehr sehr nass, da hilft auch das Regencape, das viele tragen, wenig, was nur bei Sonne Spass macht, nicht allerdings wenn diese Weg ist. Zum Glück hatten wir am Wochenende sehr viel Sonne und nur abends wurde es kalt. Dafür aber reichlich.
Die Parade begann zwischen sieben und acht Uhr morgens und dauerte länger als bis zwei Uhr nachts. Die Tanzgruppen haben alle eine Band mit Posaunen, Trompeten, Tuben, Klarinetten, Pauken, Snare-Drumms, Becken und einem Tuba-ähnlichem Instrument. So eine durchschnittliche Band besteht aus 60 Leuten. Jede Gruppe hat nur ein Lied und die meisten Gruppen das gleiche, sodass man irgendwann mitsingen konnte. Zusätzlich gibt es dann die Tänzer. Diese Teilen sich in verschiedene Arten ein. Es gibt die Teufel, die sehr grosse, aufwendige, bunte, runde Kostüme haben und sehr nach Kinderschreck aussehen. Sie tanzen ohne zu springen oder ähnliches, sie bewegen sich eher bedrohlich. Dann gibt es noch die Männer in Kostümen, die an Reiter oder sowas erinnern. Sie tanzen sehr schwungvoll und springen viel durch die Gegend. Besonders bei unseren Mädels sehr beliebt. Aber auch für uns Kerle gabs was zu sehen. Die obligatorischen Tänzerinnen in kurzen Röcken. Die eine Hälfte in Oruro hatte Masken auf, die eigentlich nur ein grinsendes Gesicht zeigten. Den Sinn dieser Masken habe ich noch nicht durchschaut. Diese Tänzerinnen tanzen sehr ruhig, bewegen sich fast nicht. Ist aber auch mit diesen Kostümen eher schwierig. Kurze Röcke und hohe Schuhe sind nicht die optimale Sportkleidung. Dann gibt es noch Frauen, die in traditionellerer Kleidung auftreten, dafür aber mehr tanzen. Ausserdem gibt es von Gruppe zu Gruppe noch unterschiedliche Figuren. Bären, Yetis, Hermesfiguren etc. Schaut am besten bei Google nach Bildern des Karnevals, das ist am eindrücklichsten. Gute Suchbegriffe sind "carnaval oruro" oder "carnaval espuma", mit denen bekommt ihr einen Eindruck.
Wenn man an diesem Wochenende in Oruro übernachten will, dann muss man sehr früh buchen, will man sich nicht dumm und dämlich zahlen, sollte man nicht hinfahren. Aber wie immer sind Connections eine gute Alternative. Wir haben mittags bei unserer Spanischlehrerin hier angerufen und hatten ne Stunde später einen Schlafplatz für nur 35 Bolivianos, auch unter normalen Umständen ein akzeptabler Preis. Die Tochter unserer Spanischlehrerin tanzt in einer Tanzgruppe in Oruro. Diese Gruppe hatte eine Sporthalle zur Unterkunft gemietet, in der wir dann auch schlafen konnten. War dann halt eine Nacht ohne Decke auf dem Boden, aber mehr als ich erwartet hatte. Ausserdem kamen wir eh erst so gegen 5 uhr ins Bett und standen um 9 Uhr schon wieder an der Plaza in der Wasserschlacht.
Wir haben den ganzen Tag damit verbracht uns den Umzug anzuschauen und andere Freiwillige zu suchen. Zwischendurch haben wir uns mal in ein Café zurückgezogen, uns getrocknet und erholt. Abends haben wir uns dann mit unserer Spanischlehrerin plus Familie getroffen, sind erst essen gegangen und dann auf ein Fest ihrer Tanzgruppe. Es gab eine der bekanntesten Bands Boliviens. War recht lustig. Ich weiss nicht, ob die Band gecovert hat oder nicht, aber ich kannte so ziemlich jedes ihrer Lieder, ohne wirklich mal absichtlich bolivianische Musik gehört zu haben. Auf jeden Fall haben sie gute Stimmung gemacht und der Bassist war einfach nur gut. Toller Bass und guter spieler, leider vom Mischer absolut getötet. Schade.
Wir haben eine Auszeit von der Party genommen und uns nocheinmal an die Plaza begeben, wo wir ein paar andere Freiwillige getroffen haben. Mitten in der Nacht wurde dort immernoch getanzt, obwohl der Grossteil der Zuschauer nur noch da war, weil er zu besoffen war, sich zu bewegen. Trotzdem haben sich die Tänzer noch sehr viel Mühe gegeben und ordentlich getanzt. Als wir dann nachts/morgens schlafen gehen wollten, standen wir ersteinmal vor der Tür, weil der Nachtposten die Tür abgeschlossen hatte und die Klingel nicht hörte. Also mussten wir erst seinen Chef anrufen, der uns dann die Tür öffnete.
Am nächsten Morgen wurden wir dann von den gut gelaunten Tänzern geweckt, die die Reste des Rums vernichteten und dabei lautstark durch die Gegend kommunizierten. Den zweiten Tag verbrachten wir dann mitten im Geschehen, dort wo die Parade auf die Plaza kommt und ein Stück weiter in der Mitte der Plaza. Dort war die schlimmste Wasserschlacht. Etwa im Sekundentakt flogen die Wasserbomben über die Strasse und wenn mal zwischen den Tanzgruppen ein Lücke war, stürmten sofort ein paar Leute über die Strasse und schäumten unter schwerem Unterstützungs- und Abwehrfeuer die andere Seite ein. Sowas macht die ersten drei bis vier Stunden Spass, danach war ich eigentlich immer sehr genervt davon.
Nachdem wir zwei Tage gefeiert hatten ging dann unser Bus zurück nach Sucre. Als wir in die Sporthalle wollten um unser Gepäck zu holen. Da war leider die Tür abgeschlossen und der Mensch mit Schlüssel lag besoffen in der Ecke, bewegte sich nichtmehr und wusste nicht, wo der Schlüssel sein könnte. Da die Tänzer sich umziehen mussten (ihre Vorführung begann um elf Uhr nachts, es dadurch eilig hatten und auch schon das eine oder andere Bier getrunken hatten, war dann die Tür irgendwann irgendwie offen. Die Steinbrocken, die in Höhe des Schlosses in der Wand fehlten, fielen fast nicht auf.

Die Bilanz von ungefähr 15 Freiwilligen in Oruro: 4 gestohlene Handys, eine verschwundene Kamera, 15 Stunden Schlaf, 60 Liter Bier, 1500 Wasserbomben geworfen, 3000 Wasserbomben abbgekommen, 5 Dosen Schaum versprüht, 15 Dosen Schaum abbekommen und etwa 30 Hamburger gegessen.

Hostwechsel

So, aus diversen Gründen, besonders weil die Seite nicht so stabil lief und alles lange dauerte, habe ich jetzt den Anbieter für meinen Blog gewechselt. Es ändert sich nichts, es sieht nur etwas anders aus. Ich hoffe, jetzt bin ich selbst zufriedener damit.

Samstag, 6. Februar 2010

Viel erlebt -> wenig geschrieben

So, da melde ich mich nach langer Zeit mal wieder. Eigentlich wollte ich das ja um Weihnachten herum tun, irgendwie schaffe ich es aber erst jetzt. Daher gibt es die Erlebnisse des Januars und des Endes des letzten Jahres jetzt als kurze Zusammenfassung. Weil die Zusammenfassung leider zu lang ist (fragt bitte nicht), hänge ich sie als Word-Dokument an.
Gruss Paul

Viel erlebt -> wenig geschrieben